von Nitro103 » Do 24. Sep 2020, 14:39
Hallo Micha,
ich kann Deine Bedenken ja nachvollziehen, wenn Du sagst „Schon ist...das vorherige schöne alte Auto weg....“
Letztlich geht es wieder um den Konflikt zwischen Restaurationsumfang und Originalität.
Du räumst selbst ein, dass eine Vollrestauration nur bei bereits durch den Lauf der Geschichte zerstörten Autos stattfinden sollte. Das praktische Problem ist allerdings, dass der universelle Materieverfall stets kontinuierlich abläuft, bei dem jede Grenzziehung reine Willkür wäre. M.a.W.: Wer oder was legt fest, wann „die Geschichte das Auto bereits zerstört hat“ :
Rost nicht sichtbar – Rost kaum sichtbar – Rost deutlich sichtbar – Schrott?
Und wie altert Materie „in Würde“ oder „nicht in Würde“?
Wenn es denn immer so wäre, dass „schöne alte Autos“ weg wären, wäre ich sogar gedanklich bei Dir. Aber ich kann Dir am Beispiel dieses türkis CSi mit der FIN 226 4606 sagen, dass es definitiv kein schönes, altes Auto war, sondern ein ungepflegter, vergammelter E9, der von Eigentümer zu Eigentümer weitergereicht wurde - vielleicht in hoffnungsvoller Erwartung eines kleinen Gewinns aufgrund des Preissteigerungs-Hypes der letzten Jahre – ohne dass während dieser Zeit jemand wesentliche Arbeit in dieses Auto investiert hätte.
Ich habe mal einige Bilder dieses CSi angehängt, den ich mir das erste Mal 2010 bei einem Autohändler in Viersen in natura zusammen mit Adi angesehen habe, nachdem er ihn entdeckt hatte. Damals sollte er knapp 20 Mille kosten – angesichts der damals deutlich niedrigeren Marktpreise und des zu erwartenden Restaurierungsaufwands zu theuer!
Im Jahr 2016 tauchte er sogar nur wenige Hundert Meter von meinem Wohnort entfernt auf und sollte VB 25 Mille kosten, ohne dass sich der sichtbare Zustand gegenüber der ersten Besichtigung in 2010 verändert hätte.
Derselbe Wagen tauchte dann Ende 2019 wieder bei Mobile für VB 32.900,- auf. Der Bildervergleich mit früheren Zeiten ergab lediglich, dass man dem CSi sage und schreibe einen neuen Tankdeckel spendiert hatte, was aber nichts am ansonsten ungepflegten Gesamtzustand änderte.
Das Auto blieb also während der letzten 10 Jahre und mehrfachen Eigentümer-Wechsels stets in demselben schlechten Zustand, ohne dass sich wirklich jemand um diesen E9 bemüht hätte.
Nun kommt aber endlich ein Händler, dessen Geschäftsmodell Du „auch nicht wirklich gut“ findest und nimmt sich ernsthaft dieses Autos an. Dass er am Ende dabei auch Geld verdienen will, ist völlig in Ordnung - so wie jedem anderen Berufstätigen auch.
Ein neuer Bodenteppich wird immer als Repro erkennbar sein, weil es eben die alte, originale Zweiton-Schlingenware nicht mehr gibt. Nur ist das allemal besser als das Flickwerk davor (siehe Bild).
Beim Leder stimme ich Dir allerdings zu; in ein altes Auto gehört ein glänzendes, glattes Leder anstelle eines matten, genarbten Leders, oder aber ich hätte den hellgrauen Velours und Cord verwendet, denn der ist noch bei BMW erhältlich und hätte ja auch dem damaligen Auslieferungszustand entsprochen.
Aber auch in anderer Hinsicht wurde bei dieser Restauration gegen die originale Konfiguration verstoßen: Fehlende Dämmung und Ablaufschläuche an der Feuerwand, fehlender Unterfahrschutz, Reserveradmulde in Schwarz statt in Wagenfarbe lackiert, Kopfstützen mit gerader statt U-förmiger Oberkante, schwarzer statt weißer Himmel, BMW-Logo an der C-Säule ist aus Alu statt aus Emaille, Motorhaube liegt vorne links zu tief, oder die Wischerblätter sind gelocht statt durchgehend glatt. Und selbst wenn das Nardi-Lenkrad oder die 16“-Alpina-Felgen bei vielen auf Zustimmung stoßen, so sind auch diese Teile letztlich nicht original.
Aber nichtsdestotrotz findet in meiner Bewertung diese Restauration mehr Zustimmung als die diversen Verkaufsanzeigen, wo Leute auf die Schnelle mit Nichtstun (teilweise mit Schrott) Geld verdienen wollen, ohne auch nur die geringste Affinität zur Baureihe E9 zu besitzen.
Wie gesagt kann ich die Denkweise derjenigen nachvollziehen, die es toll finden, wenn man dem jeweiligen Fahrzeug „seine Geschichte“ ansieht, aber irgendwann ist zu viel Gammel einfach nicht mehr erträglich – für mich jedenfalls. Und was den Erhalt der Baureihe betrifft, so sind E9 nach aufwändigen Restaurationen überwiegend in einem besserem Zustand als das, was damals schon mit Flugrost von Rheine nach München angekarrt wurde, um dann nur wenige Jahre später in der Schrottpresse zu landen.
Viele Grüße
Robin
Hallo Micha,
ich kann Deine Bedenken ja nachvollziehen, wenn Du sagst „Schon ist...das vorherige schöne alte Auto weg....“
Letztlich geht es wieder um den Konflikt zwischen Restaurationsumfang und Originalität.
Du räumst selbst ein, dass eine Vollrestauration nur bei bereits durch den Lauf der Geschichte zerstörten Autos stattfinden sollte. Das praktische Problem ist allerdings, dass der universelle Materieverfall stets kontinuierlich abläuft, bei dem jede Grenzziehung reine Willkür wäre. M.a.W.: Wer oder was legt fest, wann „die Geschichte das Auto bereits zerstört hat“ :
Rost nicht sichtbar – Rost kaum sichtbar – Rost deutlich sichtbar – Schrott?
Und wie altert Materie „in Würde“ oder „nicht in Würde“?
Wenn es denn immer so wäre, dass „schöne alte Autos“ weg wären, wäre ich sogar gedanklich bei Dir. Aber ich kann Dir am Beispiel dieses türkis CSi mit der FIN 226 4606 sagen, dass es definitiv kein schönes, altes Auto war, sondern ein ungepflegter, vergammelter E9, der von Eigentümer zu Eigentümer weitergereicht wurde - vielleicht in hoffnungsvoller Erwartung eines kleinen Gewinns aufgrund des Preissteigerungs-Hypes der letzten Jahre – ohne dass während dieser Zeit jemand wesentliche Arbeit in dieses Auto investiert hätte.
Ich habe mal einige Bilder dieses CSi angehängt, den ich mir das erste Mal 2010 bei einem Autohändler in Viersen in natura zusammen mit Adi angesehen habe, nachdem er ihn entdeckt hatte. Damals sollte er knapp 20 Mille kosten – angesichts der damals deutlich niedrigeren Marktpreise und des zu erwartenden Restaurierungsaufwands zu theuer!
Im Jahr 2016 tauchte er sogar nur wenige Hundert Meter von meinem Wohnort entfernt auf und sollte VB 25 Mille kosten, ohne dass sich der sichtbare Zustand gegenüber der ersten Besichtigung in 2010 verändert hätte.
Derselbe Wagen tauchte dann Ende 2019 wieder bei Mobile für VB 32.900,- auf. Der Bildervergleich mit früheren Zeiten ergab lediglich, dass man dem CSi sage und schreibe einen neuen Tankdeckel spendiert hatte, was aber nichts am ansonsten ungepflegten Gesamtzustand änderte.
Das Auto blieb also während der letzten 10 Jahre und mehrfachen Eigentümer-Wechsels stets in demselben schlechten Zustand, ohne dass sich wirklich jemand um diesen E9 bemüht hätte.
Nun kommt aber endlich ein Händler, dessen Geschäftsmodell Du „auch nicht wirklich gut“ findest und nimmt sich ernsthaft dieses Autos an. Dass er am Ende dabei auch Geld verdienen will, ist völlig in Ordnung - so wie jedem anderen Berufstätigen auch.
Ein neuer Bodenteppich wird immer als Repro erkennbar sein, weil es eben die alte, originale Zweiton-Schlingenware nicht mehr gibt. Nur ist das allemal besser als das Flickwerk davor (siehe Bild).
Beim Leder stimme ich Dir allerdings zu; in ein altes Auto gehört ein glänzendes, glattes Leder anstelle eines matten, genarbten Leders, oder aber ich hätte den hellgrauen Velours und Cord verwendet, denn der ist noch bei BMW erhältlich und hätte ja auch dem damaligen Auslieferungszustand entsprochen.
Aber auch in anderer Hinsicht wurde bei dieser Restauration gegen die originale Konfiguration verstoßen: Fehlende Dämmung und Ablaufschläuche an der Feuerwand, fehlender Unterfahrschutz, Reserveradmulde in Schwarz statt in Wagenfarbe lackiert, Kopfstützen mit gerader statt U-förmiger Oberkante, schwarzer statt weißer Himmel, BMW-Logo an der C-Säule ist aus Alu statt aus Emaille, Motorhaube liegt vorne links zu tief, oder die Wischerblätter sind gelocht statt durchgehend glatt. Und selbst wenn das Nardi-Lenkrad oder die 16“-Alpina-Felgen bei vielen auf Zustimmung stoßen, so sind auch diese Teile letztlich nicht original.
Aber nichtsdestotrotz findet in meiner Bewertung diese Restauration mehr Zustimmung als die diversen Verkaufsanzeigen, wo Leute auf die Schnelle mit Nichtstun (teilweise mit Schrott) Geld verdienen wollen, ohne auch nur die geringste Affinität zur Baureihe E9 zu besitzen.
Wie gesagt kann ich die Denkweise derjenigen nachvollziehen, die es toll finden, wenn man dem jeweiligen Fahrzeug „seine Geschichte“ ansieht, aber irgendwann ist zu viel Gammel einfach nicht mehr erträglich – für mich jedenfalls. Und was den Erhalt der Baureihe betrifft, so sind E9 nach aufwändigen Restaurationen überwiegend in einem besserem Zustand als das, was damals schon mit Flugrost von Rheine nach München angekarrt wurde, um dann nur wenige Jahre später in der Schrottpresse zu landen.
Viele Grüße
Robin